Warum fühlt sich die Südtiroler Bevölkerung ökonomisch gesehen ärmer?

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Heinrich Riffesser

In Südtirol ist das Bruttosozialprodukt noch immer sehr hoch und die gesamten wirtschaftlichen Daten bestätigen, dass es der Südtiroler Bevölkerung sehr gut geht: die Anzahl der Mitarbeiter steigt (mit Ausnahme von Banken und öffentlichen Ämtern), der Tourismus floriert etc. Aber weshalb fühlt sich die Bevölkerung dennoch ärmer?

Folgende 5 Gründe kann ich hierzu auflisten:

Gründe, warum sich die Südtiroler Bevölkerung ärmer fühlt

 

1.) Rückgang der Spekulationsgewinne:

Immobilien & Grundstücke werden nicht mehr so zahlreich & zügig gekauft wie in der Vergangenheit. Damals hatte man neben der Tatsache auch das Gefühl, diese sofort wieder teuer verkaufen zu können und der Inflation somit ein Schnippchen zu schlagen. Die Menschen fühlten sich dabei reich und waren überzeugt, bei diesen Käufen die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

2.) Banken:

Zudem hatte man früher oft Ersparnisse auf der Bank und erhielt dafür gute Zinsen. Diese wurden als eine Art Einkommen empfunden, obwohl die Inflation letztendlich jene Erträge gänzlich aufgefressen hat – aber trotzdem blieb das Gefühl etwas zu besitzen.

Die Inflation hatte auch zur Folge, dass die Gehälter ständig stiegen und einem das Gefühl vermittelte, immer besser zu verdienen.

Noch nie wurden bei der Kreditvergabe so große Unterschiede zwischen einer guten und einer schlechten Firma wie heute gemacht. Ein gutes Unternehmen wird kaum Probleme haben, ein Darlehen mit exzellenten Konditionen bei der Bank zu erhalten, hingegen ein in Krise geratener Betrieb wird fast immer auf Ablehnung stoßen und muss sich mit wesentlich schlechteren Konditionen abfinden.

3.) EDV:

Die öffentlichen Ämter sahen sich früher stark nach neuen Mitarbeitern um und eine Anstellung im öffentlichen Bereich wurde als ein sicherer Arbeitsplatz empfunden, der das Gewissen der Mitarbeiter beruhigte. Heute sind diese schönen Zeiten vorbei, denn es wird viel weniger neues Personal gesucht und eingestellt.

Dazu gibt es im öffentlichen Bereich als auch in der Privatwirtschaft eine ständige Entwicklung und Weiterentwicklung von EDV-Programmen, die sich die Mitarbeiter aneignen müssen und durch die auch immer mehr Arbeitskräfte ersetzt werden. Aufgrund der immer mehr in die Ferne rückenden Pensionierung sind ältere Mitarbeiter gezwungen in den jeweiligen Unternehmen zu verweilen und sich anzupassen, was zu dauerhaftem Druck, Unsicherheiten und Stresssituationen führt.

4.) Pensionen & Vermögen:

Die Pensionen werden nicht mehr auf Basis des letzten bezogenen Gehalts ausgezahlt, sondern heute gilt nur der durchschnittlich eingezahlte Betrag. Somit ist es erheblich schwieriger geworden, Pensionen zu manipulieren, um mehr für sich herausschlagen zu können.

Aufgrund des Misstrauens gegenüber dem Staat, legen immer mehr Bürger einen Notgroschen für evtl. Krankheiten oder das Altersheim beiseite. Dies hat zur Folge, dass das Vermögen viel später den Nachfolgern übergeben wird.

5.) Schwarzgeld:

Weiteres kam das Geld früher viel schneller in Umlauf, dies gilt primär für das Schwarzgeld.

Früher setzte man den Kauf einer Immobilie oder von einem Grund schnell um, heute hingegen hat man das Gefühl, dass jeder Kauf schleppend von statten geht.

 

Diese Gründe führen dazu, dass sich die Bevölkerung ärmer fühlt. Weiteres könnte Südtirol von jungen Leuten als B-Zone abgestempelt werden und ziehen in Großstädte, welche gerade einen ökonomischen Boom durchleben und bessere Arbeitsplätze anbieten. Unsere Region ist mit Sicherheit in keiner ausweglosen Situation, jedoch sind die schönen Zeiten vorbei, in denen man ohne große Mühe in den Aufzug zum Erfolg steigen konnte. Heute muss man mit großer Anstrengung jedes Treppchen einzeln raufsteigen, um an die Spitze zu kommen.