Vom IT-Experten zum Handlanger

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Vom IT-Experten zum Handlanger
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Apps, Nutzer-Tools, vereinfachte Benutzeroberflächen u.ä. führen den IT-Nutzer aus der Hilflosigkeit und dem Nebel, den die IT-Experten einst um ihr Gebiet aufrecht erhielten, hinein in eine wettbewerbsgetriebene Angebotspalette.
Bis vor etwa zehn Jahren hat der Einzelne in erster Linie Standardsoftware auf relativ immobilen Geräten – verglichen mit den heutigen Smartphones und Tablettes – verwendet. Aber innerhalb kürzester Zeit wurden die modernen Kommunikationstechnologien zum allgegenwärtigen und gewandten Begleiter. Der Kunde wurde zum Autodidakt. Das heißt, die Zielgruppe tendiert nun zum Kauf von Produkten, für die sie keinen Spezialisten als ständigen Mittler benötigt, sondern die möglichst selbsterklärend bzw. ohnehin vertraut sind.
Die Heranbildung von selbstbewussten Nutzern führt zu einer Entmachtung der IT-Experten, die einst eine bedeutende Position in einem Betrieb innehaben konnten, als die gesamte Belegschaft sich noch von ihren Fachkenntnissen abhängig wähnte. Mittlerweile wurde der Schein von der IT genommen, dass Komplexität gleich Leistung ist. Systeme müssen benutzerfreundlich sein, um angenommen und verkauft zu werden. Denn die Auswahl an IT-Experten ist groß genug geworden, um eine Vielzahl an Angeboten zu generieren. Je simpler die Technologie, umso besser erreicht sie die Endnutzer.
Die Kundenorientierung führt zum einen zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit, zum anderen aber auch zu einem Stück Kontrollverlust. Außerdem verschiebt sich bei diesem Blickwinkel der Fokus von der reinen technologischen Orientierung hin zu einer Dienstleistungsorientierung, für die Fähigkeiten aus dem Marketingbereich gefordert sind. Interdisziplinäre Teams sind gefragt, die es schaffen, sowohl den Kundennutzen zu erkennen, als auch die technische Machbarkeit sicherzustellen. Vor allem ein Unternehmen, das spezielle oder individualisierte Software benötigt, ist weiterhin abhängig von Fachkräften, die die passenden Lösungen entwickeln können. Das Dilemma ist hierbei ähnlich wie beim Buchkauf: Ob sich der Aufwand rentiert, zeigt sich erst, nachdem schon dafür bezahlt wurde.
Zu kompliziert, nicht auf den eigentlichen Gebrauch angepasst, zu langwierig in der Implementierung sind Eigenschaften, die die Ausgaben für die Entwicklung und Implementierung neuer Softwares in die Höhe treiben. Kommunikationsfähigkeit sei eine neue und gefragte Schlüsselkompetenz in der Branche, sagt Ingolf Wittmann, u.a. Verantwortlicher für die Führungskräfteentwicklung bei IBM in Deutschland. Er ist auf der Suche nach IT-Spezialisten, die sowohl tiefes Fachwissen, als auch Kommunikationsfähigkeit und den Blick fürs Ganze haben. Nicht viele der Kandidaten erfüllen diese Kriterien.
Aber trotzdem sind sie gefragt wie nie, die betriebsinternen IT-Spezialisten, die Anlaufstellen für die kleineren und größeren Problemchen, die den Unternehmensbetrieb lahm legen können. Sie sind selbstverständlich und unverzichtbar geworden. Denn die Macht der Nutzer greift nur auf der Oberfläche. Wenn die Herausforderungen tiefer liegen, sind die meisten von ihnen auf Hilfe angewiesen und das ist der Moment, in dem ein IT-Experte wieder ein Held sein darf.