Stausee voller Geld

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Stausee voller Geld
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Die Notenbanken fluten das Finanzsystem mit Geld. Es ist die letzte Verteidigungslinie vor dem totalen Crash und ein Einschnitt für die Finanzierungswelt der Unternehmen.

Mario Draghi hat wie kein andere EZB-Chef die Finanzierungslandschaft umgebaut. Mehr als 1 Billion Euro hat Draghi seit seiner Übernahme des Postens als Chef der Europäischen Zentralbank in das Bankensystem gepumpt. Das sind nach Tilung von kurzlaufenden Verbindlichkeiten mehr als 500 Milliarden Euro an „frischem“ Geld.

Dabei dauert es bis die enorme Gelspritze den Weg zu den Unternehmen und auf die Finanzmärkte findet.

Ohne Traget2* wären die meisten Banken aus der Europeripherie wohl längst zahlungsunfähig, denn über das Zahlungsverkehrssystem fließt anstelle privater Gelder permanent frische Liquidität der Notenbanken in die trocken liegenden Defizitländer. Über Warenverkäufe, Investments und Kapitalflucht drängen die Milliarden postwendend immer wieder in den Norden zurück, nach Deutschland. So muss Tag für Tag neues Geld in den Süden gepumpt werden, und im Norden sammelt sich das Geld wie hinter einem Staudamm. Wenn der Druck zu groß wird, bricht sich die Liquidität ihre Bahn und liquiditätsbedingte Inflation ist nicht zu kontrollieren.
*Über TARGET2 werden Zentralbankoperationen, Euro-Überweisungen aus Großbetragszahlungssystemen im Interbankenverkehr sowie andere Euro-Zahlungen verrechnet. Die Salden der Notenbanken der Eurozone und der Europäischen Zentralbank bilden einen Teil der Nettokapitalbewegungen ab, die zwischen den Eurosystemgliedern über das Eurosystem organisiert wurden und werden Target2-Salden genannt; diese Salden können positiv, negativ oder ausgeglichen sein. Alle anderen Zentralbanken, die nicht dem Eurosystem angehören, aber am Target2-System teilnehmen, müssen, wie sämtliche Geschäftsbanken, positive Target2-Salden vorweisen.

Paradox: Ein Inflationsschub in den AAA-Ländern könnte das aus den Fugen geratene Eurosystem sogar wieder ins Lot bringen. Hohe Inflation in den Überschussländern, eine moderate Deflation in den Defizitländern, zurückgehende Zahlungsbilanzüberschüsse und –defizite: Über den Zahlungsverkehr strebt das Eurosystem einem Gleichgewicht entgegen.

Vergleichbares spielt sich gerade im großen Stil auch im Weltmaßstab ab: Seit Jahrzehnten exportieren Länder mit hohen Exportüberschüssen wie China, der Nah Oste und Deutschland Kapital in die Defizitländer, allen voran in die USA, und bauen damit gigantische Forderungen auf. Doch auch global arbeitet die private Umwälzpumpe nicht mehr, die Kapitalströme können die auflaufenden Leistungsbilanzdefizite nicht mehr ausgleichen. Ausgefüllt wir die Lücke auch in den USA mit Zentralbankgeld, seit Jahren ist die Notenbank der größte Käufer von US-Staatsanleihen. Die Amerikaner drucken neues Geld, das die Chinesen, die Ölscheichs und die deutschen Exporteure immer wieder aus den USA herausziehen. Anstatt die Gewinne wieder zurückfließen zu lassen, investieren sie die Einnahmen in ihren Heimtaländern oder an den Aktien-, Immobilien- und Rohstoffmärkten und nähren damit Preisblasen.

Nach Schätzungen von Morgen Stanley erhielten spanische und italienische Banken beim ersten Tender 60 Prozent der ausreichten mittel von netto 523 Milliarden. Am stärksten griffen offenbar Bankia (Spanien), Intesa (Italien) und Dexia (Belgien) zu. Das Geld kommt jedoch nicht bei den Unternehmen an, denn die Banken nutzen das frische Zentralbankgeld in erster Linie zum Schuldenabbau und zur Refinanzierung von Interbanken- und Geldmarktkrediten. Insbesondere die italienischen Banken kauften damit Staatsanleihen.

Die Gefahr, dass die ins System gebrachte Liquidität Inflation schürt ist gegeben und bedroht die gesamte Wirtschaft. Der Ölpreis hat die Schallmauer von 100 Dollar je Barrel seit Mitte Februar nicht mehr unterschritten. Das lässt sich nur zur Hälfte mit wachsender Nachfrage erklären. Die Erwartungen werden vor allem von der hohen Liquidität im Markt getragen. In energieintensiven Branchen wie Metall, Chemie und Papier steigen die Produktionskosten. Auch andere wichtige Rohstoffe wir Kupfer und Zink werden teurer. Auch auf der Personalseite stehen Kostensteigerungen an, zumindest in Deutschland. Die Gewerkschaften haben die Zurückhaltung abgelegt und 6,3% mehr Lohn für die Angestellten des öffentlichen Dienstes ausgehandelt. Dies wird auch für andere Kollektivverträge als Maßstab genommen werden.