Liquidität – Der Sauerstoff eines Unternehmens

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Liquidität – Der Sauerstoff eines Unternehmens
Matthias Baumgartner

Aufgrund des Coronavirus und den damit verbundenen Schwierigkeiten in denen sich viele Firmen befinden, haben Staat und Provinz zusammen mit den Banken verschiedene Maßnahmen getroffen, um den Unternehmen kurzfristig Luft zu geben. Eine Möglichkeit dabei ist die Tilgung von bestehenden Darlehen zu stunden oder die Vergabe von neuen „COVID-Darlehen“.

Trotz allem gilt es gerade in Krisenzeiten verstärkt auf die Liquidität des Unternehmens zu achten. In diesem Memo möchte ich dazu auf einige wichtige Instrumente für eine bessere Liquiditätssteuerung eingehen.

 

Was bedeutet eigentlich Liquidität? Unter Liquidität versteht man die Fähigkeit den Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Ein Unternehmen ist dann liquide, wenn es in der Lage ist, die fälligen Verpflichtungen, wie Gehälter der Angestellten, Mieten und offene Rechnungen zu begleichen. Wenn diese Fähigkeit nicht mehr gegeben ist, spricht man von einer Zahlungsunfähigkeit und es droht eine Insolvenz.

Wie für einen Menschen fehlende Nahrung nach einiger Zeit zum Tode führt,  ist dies bei fehlenden Sauerstoff sogar bereits nach sehr kurzer Zeit der Fall.  So führen bei einem Unternehmen ausbleibende Gewinne nach einiger Zeit zur Insolvenz, während mangelnde Liquidität das Aus einer Firma in kürzester Zeit bedeuten kann.

 

Liquiditätsplanung

Eine ideale Liquiditätsteuerung sollte also dafür sorgen, potenzielle Liquiditätsengpässe in der näheren Zukunft zu erkennen, um rechtzeitig Maßnahmen setzen zu können und diese zu entschärfen.

Das zentrale Instrument, welches dazu verwendet werden kann, ist die Liquiditätsplanung. Üblich sind dafür Zeiträume von 6 bis 18 Monaten. Wie bei der Ergebnisentwicklung innerhalb eines Geschäftsjahres, gibt es auch im Hinblick auf die Liquidität, schwache und starke Zeiträume. Aufgrund dieser Volatilität muss eine Planung stattfinden.

Im Rahmen der Liquiditätsplanung ist die direkte Methode zur Ermittlung der Liquidität der indirekten vorzuziehen, da für die indirekte Elemente verwendet werden, die nur quartalsweise erhoben werden.

Bei der Planung werden alle Zahlungsströme (Einzahlungen – Auszahlungen) abgebildet, sodass auf einem Blick ersichtlich wird, welche Liquidität zu welchem Zeitpunkt gegeben ist. Ziel ist es, die zukünftigen Kassenflüsse des Unternehmens darzustellen und so mögliche Engpässe vorauszusehen.

Zur besseren Übersicht empfiehlt es sich die Ein- und Auszahlungen wie folgt, detailliert einzuteilen:

  • Operative Kassenflüsse: Ein- und Auszahlungen aus dem laufenden Geschäft, wie zum Beispiel Einzahlungen aus Inkasso von Kundenrechnungen, Auszahlungen aus Zahlungen von Lieferantenrechnungen, Personalzahlungen, Steuerzahlungen usw.
  • Kassenfluss aus Investitionen: Auszahlungen für Investitionen, Einzahlungen aus dem Verkauf von Anlagen
  • Kassenfluss aus Finanzierungen: Einzahlungen durch Aufnahme neuer Darlehen oder durch Kapitalerhöhungen, Auszahlungen aufgrund Tilgung von Darlehen und Berechnung der Zinsen, Ausschüttung von Dividenden.

 

Kennzahlen der Liquiditätssteuerung

Neben einer Planung ist es sinnvoll auch einige zentrale Kennzahlen der Liquidität laufend zu überprüfen. Nachfolgend werden einige der aus meiner Sicht wichtigsten Kennzahlen vorgestellt.

1. Liquiditätsgrad 2 – Quick ratio

Liquidität 2.Grades = (flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen / kurzfristige Verbindlichkeiten) x100

Diese Kennzahl zeigt an, wie viel Prozent der kurzfristigen Verbindlichkeiten durch kurzfristig in Liquidität umwandelbare Vermögenswerte abgedeckt sind und gibt ein zuverlässiges Bild hinsichtlich der Solvenz des Unternehmens.
Dabei sollten die Forderungen kritisch analysiert und nicht einbringliche Forderungen abgezogen werden.
Besteht ein K/K-Rahmen so ist der nicht ausgenutzte Teil des Rahmens als Liquidität anzusehen.
Die anzustrebenden Werte dieser Kennzahl liegen bei über 100%, womit alle in Kürze fälligen Verbindlichkeiten mit bestehender Liquidität und in Kürze stattfindenden Zahlungseingängen bezahlt werden können.

2. Net Working Capital

Net Working Capital = Umlaufvermögen – liquide Mittel – kurz. Verbindlichkeiten

Das Net Working Capital gibt den Teil der kurzfristigen Vermögenswerte wie Warenlager und Kundenforderungen an, der nicht durch kurzfristige Lieferantenverbindlichkeiten gedeckt ist.
Ein hohes Net Working Capital könnte möglicherweise Potential zur Freisetzung von Liquidität bedeuten (siehe Maßnahmen zur Liquiditätsverbesserung).
Ein negatives Net Working Capital könnte bei zu geringer Liquidität möglicherweise zu zukünftigen Engpässen führen.
Ziel sollte es grundsätzlich sein das Net Working Capital so gering wie möglich zu halten, um nicht unnötige Liquidität zu binden. Ein Unternehmen mit ausreichender Liquidität kann aber auch aus Gründen von Flexibilität und Sicherheit entscheiden, ein hohes Lager zu halten und somit ein hohes Net Working Capital zu haben.

3. Schuldentilgungsdauer

Schuldentilgungsdauer = Netto Finanzverbindlichkeiten / Netto Cash Flow

Die Schuldentilgungsdauer gibt an wie viele Jahre ein Unternehmen mit bestehendem Kassenfluss benötigt, um sämtliche Finanzverbindlichkeiten zu tilgen.
Hierbei gilt: je niedriger der Wert ist desto besser. Bei Werten über 7 Jahren sollte allerdings bei Neuinvestitionen und Aufnahme von weiteren Darlehen eine genaue Überprüfung der Rückzahlfähigkeit gemacht werden.

 

Maßnahmen zur Liquiditätssteigerung

Sollte anhand der Liquiditätsplanung ein potenzieller Engpass aufscheinen, so bieten sich verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität an. Bevor dabei neue externe Finanzierungen angesucht werden, sollten die Möglichkeiten der internen Finanzierung geprüft und umgesetzt werden. Nachfolgend einige der wichtigsten Hebel:

 

a) Working Capital Management – Abverkauf von Lager

Ein Abverkauf von alten Lagerbeständen kann Liquidität freisetzen und sollte auch regelmäßig von Unternehmen durchgeführt werden, um nicht unnötigen Lagerplatz zu beanspruchen.

b) Working Capital Management – Factoring

Hier handelt es sich um Verkauf von Forderungen. Forderungen mit offenen Zahlungszielen werden an Factoring-Banken verkauft, die gegen eine Gebühr, die Forderung tilgen. Das Ziel ist somit eine schnelle Realisierung von Forderungen.

c) Verkauf von Anlagegütern

Auch der Verkauf von Anlagegütern, die nicht unbedingt für die Fortführung des Unternehmens nötig sind, können zusätzliche Liquidität bringen.

d) Sale-and-Lease-Back

Eine Variante des Verkaufes von Anlagegütern ist das Sale-and-Lease-Back. Dabei handelt es sich um Verkauf von Anlagevermögen (i.d.R. Grundstücke und Gebäude), das anschließend zurückgemietet wird (sog. Sale-and-Lease-Back). Der Verkauf führt zu einem hohen Zufluss an Zahlungsmitteln, während die Auszahlungen für die Mietaufwendungen in die Zukunft verlagert werden.

 e) Einbehaltung von Gewinnen

In schwierigen Zeiten sollten Gewinne einbehalten werden, um die Liquidität nicht zusätzlich zu belasten.

Wenn die internen Hebel nicht ausreichen, müssen neue externe Finanzierungen geholt werden:

f) Aufnahme neuer Darlehen / Kreditlinien

Die klassische Form, um extern Liquidität zu erhalten, ist die Aufnahme neuer Finanzierungen. Dies ist aber nur bei Unternehmen möglich, die nicht bereits zu stark verschuldet sind. Dabei sollte grundsätzlich auch die Frage nach der Rückzahlfähigkeit gestellt werden.

 g) Kapitalerhöhung und/oder Gesellschafterfinanzierungen

Wenn die Fremdfinanzierungen nicht oder nur zum Teil ausreichen, müssen zusätzlich Eigenmittel aufgebracht werden, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Dies kann durch bestehende aber auch durch neue Gesellschafter geschehen.

 

Jedes Unternehmen sollte neben der klassischen Planung und Überprüfung von Erlösen und Kosten, auch die zukünftigen Kassenflüsse laufend monitorieren, um rechtzeitig gegensteuern zu können. Wir als ROI Team können Sie beim Aufbau und Umsetzung eines geeigneten Instruments gerne unterstützen.