Basel III, Entstehung, Folgen und Auswirkungen

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Basel III, Entstehung, Folgen und Auswirkungen
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Die Finanzkrise ist uns allen noch in Erinnerung. Als Ursache für die Finanzkrise wird neben der verringerten Nachfrage nach Immobilien vielfach der Zusammenbruch des Immobilienmarktes in den USA angesehen. 

Die Kredite an die „Häuslebauer“ wurden mit Hypotheken abgesichert und schienen somit sicher. Die Tatsache, dass vielfach mehr als 100% belehnt wurde und die Rückzahlungsfähigkeit der Kreditnehmer zweifelhaft war, wurde nicht berücksichtigt, weil die steigenden Immobilienpreise Sicherheit genug boten. Die leisen Warnungen einiger Fachleute wurden überhört. Diese Kredite wurden in so genannte Zertifikate zusammengefasst und als Paket an andere Banken, vorzugsweise Investmentbanken, weitergegeben. Die immer wieder neue Zusammenfassung von Zertifikaten in „Überzertifikate“ führte dazu, dass nach der zweiten oder dritten Zusammenfassung die Risiken nicht mehr klar erkennbar waren und daher auch als ‚sehr gut’ eingestufte Papiere zum Teil nur mehr Schrottwerte enthielten. Da nun viele Kreditnehmer ihre Darlehen nicht mehr bedienen konnten, wurden die „Garantien“, also die Immobilien auf dem freien Markt, verkauft. Nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage sinkt der Preis jedoch, wenn das Angebot überhand nimmt- und genau das geschah: die Immobilienpreise sanken teilweise ins Bodenlose, die Garantie der Zertifikate verschwand, die Papiere hatten keinen Wert mehr und Banken sowie Anleger verloren riesige Vermögen.

Die Vorschriften von Basel I bis Basel III dienen primär dazu, die Risiken der Banken beziehungsweise der Bankkunden zu verringern. Opportunistisches Verhalten, das heißt spekulatives Gewinnstreben, soll verhindert werden, indem es so teuer wird, dass es sich nicht mehr lohnt. Basel I war die erste Eigenkapitalvereinbarung der Banken und stammt aus dem Jahre 1988. Der „Baseler Ausschuss“ wurde 1974 von den Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden der 12 wichtigsten Industrieländer gegründet. Darin wurde festgelegt, dass Kreditinstitute gewerbliche Kredite mit 8% Eigenkapital unterlegen müssen. Die individuelle Bonität des Kreditnehmers wurde von der Regelung Basel I nicht berücksichtigt, so dass schlechte Kredite von den guten Kreditnehmern subventioniert wurden. Finanzkrisen konnten mit den Regelungen von Basel I nicht verhindert werden, man denke an Asien oder an Lateinamerika mit Argentinien.

Mit Basel II wurden die Regelungen wesentlich rigoroser weil alle Kreditnehmer „geratet“ werden mussten; und auf Basis des festgestellten Kreditrisikos musste die Bank Eigenkapital hinterlegen. Konkret heißt das: Risikoreichere Kredite mussten mit mehr Eigenkapital von Seiten der Banken hinterlegt werden.

Als Instrument für die Bewertung der Kreditrisiken wurde das eben erwähnte „Rating“ eingeführt. Das Rating wird in der Regel bei kleineren und mittleren Kunden von den Banken intern erstellt. Der Kreditnehmer hat in der Regel keinen Einblick in diese Bonitätsprüfung, eine Mitarbeit bzw. Korrektur ist nur ansatzweise beziehungsweise überhaupt nicht möglich. Die Inhalte des Ratings sind von Bank zu Bank unterschiedlich und daher auch nicht direkt vergleichbar. So konnte der Autor die Ratings der drei Südtiroler Banken für ein Südtiroler Unternehmen einsehen und feststellen, dass zwar die Tendenz und das grundsätzliche Ergebnis ähnlich waren, die Details jedoch stark voneinander abwichen.

Eigenkapital, Cashflow, Gesamtkapitalrentabilität, ROI, Schuldtilgungsdauer und Liquidität III bilden bei den meisten Ratings die Basis und werden durch weitere Kennzahlen ergänzt. Neben der Bilanzanalyse werden strategische Parameter wie Zukunftsaussichten und Marktanteil, aber auch interne Faktoren wie Mitarbeiterqualifikation beurteilt und zu einem gesamten Bild und einem „einzigen Wert“ zusammengefasst.

Grundsätzlich kann der Kreditnehmer zwischen dem so genannten internen Rating seiner Hausbank und einem externen Rating durch eine Ratingagentur wählen.

Das bankinterne Rating ist zwar billiger (in der Regel sogar gratis), aber hat den Nachteil, dass es nur für die einzelne Bank gilt und der Kunde keinen Einfluss darauf nehmen kann.

Das externe Rating erfolgt durch eine Ratingagentur und kann für alle Geschäftspartner wie Banken und Lieferanten zugänglich gemacht und von Ihnen genutzt werden. Der große Nachteil des externen Ratings sind die Kosten.

Theoretisch sind beide Ratings im Rahmen von Basel II identisch, bei Großkrediten wird allerdings in der Praxis jede Bank neben dem externen Rating ein internes Rating vornehmen.

Die Rating Klassen sind je nach Bank bzw. Rating Agentur unterschiedlich, Bewertungen erfolgen nach dem Schema

·         von 1-18

·         von „AAA“ bis „C“

·         von 1 bis 10.

 

Die Auswirkungen des Ratings auf die Kreditvergabe kann wie folgt dargestellt werden:

·          Ein Kredit über 1.000 € mit 20% Risikogewichtung, also „sehr gut“ und der Hinterlegung mit 8% Eigenkapital bedeutet, dass die kreditgebende Bank eine Eigenkapitalhinterlegung von 16 € pro 1.000 € Kredit vornehmen muss (1.000 x 0,20 x 0,08). Dies ist eine bereinigte Eigenkapitalquote von 1,6%.

·           Ein Kredit über ebenfalls 1.000 € und einer Hinterlegung von 8% Eigenkapital bei einer schlechteren Bonität, das heißt einem hohen Kreditrisiko und einer Risikogewichtung von 150% bedeutet eine Quote von 120 € pro 1.000 € Kredit und damit eine bereinigte Eigenkapitalquote von 12% (1.000 x 1,5 x 0,08).

Diese an und für sich gute Regelung reichte nicht aus, da einerseits die Ratings von den Banken nur schleppend eingeführt und zum Teil auch stümperhaft vorgenommen worden sind und anderseits alle Spekulationsgeschäfte wie Derivate, Bonds oder Zertifikatskonstruktionen von dieser Regelung nicht betroffen waren.

Tatsache ist: die größten Risiken sind nicht so sehr die Kredite, sondern die Spekulationsgeschäfte der Investmentbanken und die daraus entstehenden Geschäftsmodelle.

Die Neuregelung, genannt Basel III, sieht folgende Regelungen vor:

·         Die Eigenkapitalquote, vor allem jene des harten Kernkapitals, genannt „Tier I“, wird von aktuell 2% schrittweise auf 4,5% erhöht;

·         Das weiche Kernkapital, bestehend aus stillen Einlagen und eigenen Schuldverschreibungen, muss mindestens eineinhalb Prozent betragen;

·         Das gesamte Kernkapital muss ab 2015 mindestens 6% ergeben; und

·         Das Verhältnis von Gesamtkapital zur risikogewichteten Aktiva muss mindestens 8% ergeben.

Diese in Stufen erfolgende Aufstockung des Eigenkapitals bringt für viele Banken große systemrelevante Nachteile. Die Hinterlegung der Kredite und Risikogeschäfte mit mehr Eigenkapital bedingt, dass die Banken entweder

·         Ihr Eigenkapital erhöhen, was sich als schwierig erweisen wird; oder

·         Die risikoreichen Kredite kündigen und somit ihre Geschäftstätigkeit verringern.

Gerade diese Verringerung der Kreditvergabe ist das größte Risiko, das Basel III birgt. Wenn vielen Kreditnehmern, die ein „schlechtes Rating“ aufweisen, ihre Kredite gekündigt werden, hat dies für die Wirtschaft extreme, nachteilige Auswirkungen:

Nur mehr die als bonitätsmäßig „sehr gut“ eingestuften Unternehmen werden Zugang zu Krediten haben; beziehungsweise werden die schlechter bewerteten Unternehmen wesentlich höhere Zinsen bezahlen müssen.

Es ist wahrscheinlich, dass Kunden mit einem „AAA“ Rating einen Zinssatz von 3,5 % bezahlen werden. Ein Kreditnehmer mit einem Rating von „CCC“ jedoch wird entweder einen wesentlich höheren Zinssatz, vermutlich in der Höhe von 8% bis 10%, bezahlen müssen oder keinen Zugang mehr zum Finanzsystem erhalten.

Trotz dieser an und für sich logischen und richtigen Regelung bleibt die Kritik an der neuen Regelung von Basel III aufrecht. So wird kritisiert, dass

·         die Schattenbanken (Investmentunternehmen) in dieser Regelung nicht mit inbegriffen sind; und

·         im Prinzip nur die Kreditgeschäfte betroffen sind, während die Spekulationsgeschäfte mit Finanzderivaten und ähnlichen Finanzgeschäften nur ansatzweise beziehungsweise überhaupt nicht geregelt sind/werden.

Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass die „Banker“ beim Erfinden neuer Finanzprodukte äußerst fantasievoll sind. Genau solche Finanzinstrumente haben die letzte Finanzkrise ausgelöst.

So fordern führende Wirtschaftsexperten, dass Basel III ergänzt werden soll und alle „Geschäfte“ einer Bank bewertet werden müssen. Spekulationsgeschäfte innerhalb von Banken sollten stark eingeschränkt bzw. ganz verboten werden. Letzteres allerdings ist wiederum umstritten, da z.B. Devisentermingeschäfte in die Kernkompetenz einer Bank fallen.

In der Ausgabe vom Januar/Februar 2011 des Controllermagazins schreibt der Autor Thomas Hermann: „Die neuen Spielregeln von Basel III schieben hoch riskanten Aktionen mit verschärften Eigenkapitalquoten einen Riegel vor. Sie erschweren opportunistisches Verhalten. Allerdings ist durchaus umstritten ob die Regeln wirklich hart seien, der Economist vom 13. September nannte sie „not particulary tough“.

Erschwerend kommt dazu, dass sich die Staaten einen Bärendienst erwiesen haben indem sie große Banken vor dem Konkurs bewahrt haben. Diese Stützung der Großbanken führte dazu, dass es heute Unternehmen gibt, die „too big to fail“ sind, also zu groß um zu scheitern. Dieses Verhalten bedeutet, dass Staaten einen „Fallschirm“ für große Unternehmen aufspannen und damit ökonomisch gesehen eine Garantie für das Überleben großer Unternehmen abgeben. Dank dieser Garantien können Manager nach wie vor opportunistisch reines Gewinnstreben praktizieren: Sollte es schief gehen, wird der Staat schon eingreifen, sollte es gut gehen, wird das Unternehmen Riesengewinne erzielen und die Manager entsprechende Gewinn – Boni erhalten. Ökonomen nennen diesen Anreiz zu Fehlverhalten „Moral Hazard“.

Das so genannte „Financial Stability Board“ mit Sitz in Basel hat diese Kritik aufgenommen und wird die Regelung Basel III ergänzen. Der Vorsitzende des FSB, der italienische Notenbankgouverneur und anerkannte Fachmann Mario Draghi, spricht in diesem Zusammenhang von notwendigen Anpassungen und Änderungen. Inn der Wirtschaftszeitung „il sole 24 ore“ ist von einer Zweiklassengesellschaft der Banken zu lesen, einem realen Szenario zwischen

·         der Serie A mit den Großbanken vom Typ „too big to fail“,

·         und der Serie B, dem gesamten Rest.

Eine positive Ausnahme in diesem ganzen Thema ist das italienische Bankensystem. Der italienische Gesetzgeber hat die rechtlichen Vorgaben und die Bankenkontrolle durch die Banca d’Italia bereits vor vielen Jahren mit mächtigen Instrumenten ausgestattet. Diese Kontrollen  wurden regelmäßig und sehr korrekt durchgeführt. Die italienische Regelung hat dazu geführt, dass keine italienische Großbank wirtschaftlich in größere Probleme kam. Hier könnte die internationale Finanzwelt von der wesentlich genaueren Kontrolle und Regulierung in Italien sicherlich lernen.

 

Zusammenfassend kann gesagt werden:

·         Basel III und die Folgeregelungen werden die Banken dazu verpflichten, risikoärmere Geschäfte besser zu belohnen beziehungsweise risikoreichere Geschäfte mit so viel Eigenkapital zu hinterlegen, dass sie sich nicht mehr lohnen und daher nicht mehr zu Stande kommen werden.

·         Unternehmen werden ihr Rating schnellstmöglich verbessern müssen, wenn sie den Zugang zu Krediten erhalten wollen.

·         Der Preis – die Zinsen- für Kredite wird durch das Rating bestimmt. Unternehmen können ihr Rating und dadurch diesen Preis durch ihr Verhalten, Eigenkapitalbildung, geringere Entnahme von Gewinnen, usw. selbst verbessern.

·         Die Wirtschaft selbst wird durch die Einführung der Regelungen von Basel III kurzfristig in ihrem Wachstum gedämpft, mittel- und langfristig allerdings wird dieses Einschreiten eine wesentlich stabilere, wenn auch langsamere Entwicklung gewährleisten.