Neue Marktsegmente ansprechen – Markt-Kannibalisierung vermeiden (3/3)

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Neue Marktsegmente ansprechen – Markt-Kannibalisierung vermeiden (3/3)
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In den ersten beiden Teilen des Management-Memos „Neue Marktsegmente ansprechen – Markt-Kannibalisierung vermeiden“ wurde die Berechnung der Break Even Cannibalization Rate (BECR) und der effektiven Cannibalization Rate erläutertsowie Beispiele für verschiedene Situationen gegeben.
In diesem dritten Teil soll am Beispiel von Unilever Brasilien ein Tool erläutert werden, das es erleichtert, das neue Produkt so zu gestalten und am Markt zu positionieren, dass die effektive Kannibalisierung nicht höher als die Break Even Cannibalization Rate sein wird.
Unilever erkannte vor einigen Jahren in Brasilien, dass das Niedrigpreissegment des dortigen Waschmittelmarktes enorme Wachstumschancen für das Unternehmen böte. Jedoch war man sich unsicher, ob man durch das Anbieten eines billigeren Produktes nicht zu viele Kunden aus dem teuren Segment verlieren würde und ob die Premiummarken nicht darunter leiden würden. Wie ging dieser international erfolgreiche Konzern nun vor?
Das Unternehmen bediente sich der sogenannten „Creative Cascade“. Hierbei listet man zunächst sämtliche Eigenschaften des Produktes auf, welche einen Einfluss auf die Kaufentscheidung des Kunden haben könnten. Im Falle von Unilevers Waschmitteln waren dies beispielweise die folgenden: Wie effektiv entfernt das Mittel Flecken? Wie schonend ist das Mittel für die Kleider? Wie wichtig ist den Kunden die Umweltfreundlichkeit des Mittels? Wie hochwertig ist es verpackt? Wie schonend ist es für die Farben der Kleider? Über welche Vertriebswege wird das Mittel verkauft? Unter welcher Marke wird es verkauft?
Mithilfe von Marktforschung stellte man fest, dass die bereits angebotenen teuren Waschmittel von Unilever als besonders schonend zu Farben und Kleidung und umweltfreundlich wahrgenommen wurden, aber relativ uneffektiv in der Fleckenentfernung.

Durch weitere Analyse der Kundenbedürfnisse fand man heraus, dass genau diese Eigenschaften für die Kunden im billigeren Segment unwichtig sind. Dort zählten mehr der niedrige Preis und die effektive Fleckenentfernung. Dieser Unterschied in den Kundenpräferenzen wurde im neuen billigeren Produkt umgesetzt, indem die Rezeptur leicht abgeändert wurde und besonders in der Kommunikation Wert auf die effektive Fleckenentfernung gesetzt wurde.
 
Bezüglich der restlichen Eigenschaften versuchte Unilever das neue Produkt innerhalb der Creative Cascade genau gegenüberliegend zum alten Produkt zu positionieren. Somit konnte man sicherstellen, dass das neue Produkt sich so stark wie möglich vom bestehenden Produkt differenziert (siehe Abbildung 2). In der Kommunikation legte man besonderes Augenmerk darauf, diese Differenzierungspunkte konkret anzusprechen. Unilever beispielweise verkaufte das neue Waschmittel unter einer neuen Marke, mittels anderer Vertriebswege und einer ganz anderen Verpackung.
Unilever konnte durch das Anbieten des billigeren Produktes seinen Gewinn in Brasilien deutlich steigern und große Marktanteile gewinnen. Deshalb ist Unilever ein gutes Beispiel dafür, wie man ein Produkt erfolgreich in ein Niedrigpreissegment einführen kann, ohne dabei Verluste bei einem ähnlichen, vom selben Unternehmen, zu einem höheren Preis angebotenen Produkt zu erleiden.
Dies war nur deshalb möglich, da das Unternehmen die Neueinführung des billigeren Produktes genau plante. Ein solcher Prozess beginnt immer mit der Berechnung der Break Even Cannibalization Rate, welche durch die Division des neuen durch den alten Deckungsbeitrag ermittelt wird. Dies ist nötig um herauszufinden, wie viele Kunden des alten teureren Produktes maximal zum neuen billigeren Produkt wechseln dürfen, damit der gesamte Deckungsbeitrag nicht sinkt. Als nächster Schritt muss sichergestellt werden, dass die effektive Kannibalisierungsrate nicht höher als diese BECR sein wird. Zu diesem Zweck kann eine Creative Cascade erstellt werden. Hierbei werden die wichtigsten Eigenschaften des Produktes aufgelistet und die Positionierung des bereits angebotenen Produktes innerhalb dieser Eigenschaften durch Marktforschung ermittelt. Das neue Produkt sollte jeweils gegenüberliegend zur Positionierung des bestehenden Produktes positioniert werden.
Lesen Sie auch Teil 1 und Teil 2 dieser Serie.